109 Costa Rica – Die Schweiz von Zentralamerika oder Humbug in Dosen

Ich kenne zwei Interpretationen der Aussage: „Costa Rica ist die Schweiz Zentralamerikas“. Zum einen ist Costa Rica scheiß teuer und daher mit dem Preisniveau der Schweiz zu vergleichen. Speziell in Bezug auf seine nördliche Nachbarn in Zentralamerika. Mit Panama gibt es sich preislich nicht ganz so viel. Zum anderen scheint es bei einigen auch den Eindruck erweckt zu haben, dass es hier sicherer ist, als in vielen anderen Ländern Zentralamerikas. Da ich jetzt noch nicht in El Salvador, Honduras und Nicaragua gewesen bin, kann ich diesen Vergleich nicht ziehen, obwohl mir durchaus klar ist, dass es dort tendenziell gefährlicher ist. Aber ich kenne aus meinen 8 Wochen Costa Rica im Verhältnis fast genauso viele negative Geschichten von Reisenden, als ich das beispielsweise von einem Jahr Mexiko kenne. Ich muss zugeben, dass ich da auch etwas parteiisch bin, da ich ein großer Mexiko Fan bin. Trotzdem ist mir vor allem in meiner Zeit dort bewusst geworden, wie sehr westliche Medien und hauptsächlich politisch motivierte Wahlkampfpossen („Mexico pays for the wall“) ein Bild in die Welt setzen, dass mir regelmäßig die Nackenhaare in Höhe schießen lässt und mit Realität nicht mehr ganz so viel zu tun haben.

Ich bin zum Beispiel hier in Puerto Viejo/Costa Rica das erste Mal in einem Hostel gewesen, in dem ich einen derartigen Warnhinweis gesehen habe.

Puerto Viejo

Außerdem habe ich im selben Ort auf der Straße beobachten können, wie jemand beraubt wurde. Das habe ich bisher noch nicht live gesehen. Der Typ wurde zwar noch auf der Straße gefasst und die Polizei gerufen, aber es ist passiert. Das Land ist einfach teuer, deutlich teurer, als das ein etwas gehobenerer Standard und eine vermeintlich höhere Sicherheit in meinen Augen rechtfertigen würde.

Man hat es ja in meinen bisherigen Berichten durchaus gemerkt, es ist oft um das Geld gegangen. Als Rucksackreisender will ich aber nicht die ganze Zeit auf das Geld schauen. Alles kostet hier etwas. Man kann damit rechnen, in jedem Busbahnhof 50 Cent zu zahlen, um auf die Toilette zu gehen. Man liest sogar an vielen Restaurants und Straßencafé’s, dass die Benutzung der Toilette extra kostet. Da man hier vieles aus der westlichen Welt übernimmt, wird auch deren Wertesystem viel mehr kopiert. Das man zum Leben Geld braucht, steht außer Frage, hier scheint aber, wie bei uns auch, die Frage nach Geld das Leben zu dominieren. Ich weiß, ich weiß…aber wie willst du deine Rechnungen mal bezahlen… schnallt euch einen Rucksack auf, lasst los und findet es heraus.

Ich will hier auch kein negatives Bild von Costa Rica entstehen lassen. Generell schreibe ich mir glaube ich nicht auf die Fahnen ein Reiseblog im Sinne von Empfehlungen zu sein. Ich versuche meine subjektive Wahrnehmung zu vermitteln und den ein oder anderen dabei zu bespaßen 😉

Costa Rica ist wunderschön und bietet eine unheimliche Vielfalt an Flora und Fauna, die Ihresgleichen sucht. Obwohl es doch relativ klein ist, findet man meines Wissens nach eine der größten Artenvielfalt auf diesem Planeten. Es gibt hier Berge und Vulkane, die es nahezu mit europäischem Niveau aufnehmen können und darüber hinaus Dschungel, gegen den Europa abstinkt, bis es pfeift. Etwas ganz simples, aber etwas, dass mein Verständnis von Leben durchaus aufwertet ist, dass man in Costa Rica fast überall aus der Leitung trinken kann. Das kann man von keinem Land in dem ich bisher war behaupten. Abgesehen von Panama.

Dass es hier so etwas wie einen Mindestlohn gibt, spricht zwar für dieses Land, aber ob ein Fischer an der Küste oder eine Servicekraft in einem Strandcafé davon auch was sieht, steht auf einem anderen Blatt… eher in einem anderen Buch…

Eine optische schöne Sache finde ich die Geldscheine. Ich glaube ich habe bisher noch nie so schönes Geld gesehen 🙂

Geldscheine

Trotzdem ist es für Rucksackreisende, die eigentlich nach einem Abenteuer suchen und gerne auf nicht schon ausgelatschten Pfaden gehen wollen ziemlich schwierig. Der Tourismus ist deutlich mehr auf zahlungswillige U.S. Amerikaner oder Europäer ausgelegt, die eigentlich lieber alles so haben wollen, wie Zuhause, aber eben mal eine ganz andere Welt sehen wollen.

Die Busverbindungen sind für ein „entwickeltes“ Land auch eher schlecht. Alle Reisende, die ich unterwegs getroffen habe, haben sich ausnahmslos darüber beschwert, dass man immer wieder nach San José zurück kehren muss. Ich war genau 4 Mal dort. Der ganze Verkehr ist sternförmig aufgebaut. Man muss nahezu bei jedem Ortswechsel wieder zurück in die Hauptstadt. Und die ist nicht mal schön. Keiner mag sie. Dazu kommt noch, dass die verschiedenen Busbahnhöfe oft nicht fußläufig erreichbar sind. Man muss also entweder ziemlich lange mit seinem Gepäck durch die Straßen gehen (und das sind oft die Viertel, die einem abgeraten werden) oder man nimmt ein Taxi und bezahlt dann mal durchaus 10$, nur um von einer Taxi Station zur nächsten zu kommen. Selbst erlebt! Die einzige Möglichkeit ist, wenn man sich ein Shuttle von A nach B bucht. Das quasi Touritaxi bringt einem deutlich schneller an sein Ziel, hält nicht an und hat vor allem keine lästigen Einheimischen an Bord, ist aber auch mindestens doppelt so teuer.

Als Backpacker mit Budgetbewusstsein schwer zu verkraften. Aber alle meine Schilderungen beziehen sich ganz Objektiv auch auf die Orte, an denen ich war. Das muss man fairerweise auch einfach mal hervorheben. Abgesehen von Providencia. Die Zeit dort war einfach zu überragend. Aber wie ich diesen Ort ohne Wwoofing gefunden hätte, kann ich mir nicht vorstellen. Zumal ich auch nicht wissen würde, wo ich übernachten sollte. Wobei ich mittlerweile von 3 Parteien schon einen gesicherten Schlafplatz für die Zukunft angeboten bekommen habe. Vielleicht komme ich darauf zurück 🙂 So schlecht war es dann also doch nicht 😉 Die Menschen waren auch im Vergleich zu Panama freundlicher, dass sollte ich am Schluss noch erwähnen. Hier hatte ich ein paar nette Begegnungen und interessante Gespräche mit Einheimischen.

Mein Fazit:
Es ist nun mal ein sehr beliebtes Reiseziel. Ein Reiseziel für westliche Reisenden, die eher nach etwas gehobenem Standard suchen und der Werbetrommel hinterherrennen, dass es dort so viel sicherer sei, als woanders und die dafür bereit sind deutlich tiefer in die Tasche zu greifen, als es eigentlich sein müsste. Die Propaganda funktioniert also.

Wer also nur begrenzt Zeit hat und sagen wir 2-3 Wochen zur Verfügung hat, einmal etwas ganz spezielles außerhalb Europas zu erleben und bereit ist, nahezu europäische Preise zu bezahlen, der ist hier richtig aufgehoben. Ab 2 Personen lohnt es sich wahrscheinlich schon halbwegs ein Auto auszuleihen, um sich den Stress mit dem immer wiederkehrenden Zurückfahren nach San José sparen zu können. Ich musste fast immer dort übernachten, weil die Busse nicht am Abend fahren. Außerdem brauchen die Busse im Vergleich zur Größe des Landes einfach eeeeeewig!

Und damit bin ich raus und verabschiede mich. Wir sehen/hören uns in Nicaragua wieder!!!!

1 thought on “109 Costa Rica – Die Schweiz von Zentralamerika oder Humbug in Dosen”

  1. Hi Mathias, das ist eine recht zutreffende Sammlung von Eindrücken. Es ist in sozusagen die Schweiz, nicht nur in topographischer Hinsicht auch in in finanziellen Aspekten. Trotzdem sind die Lebenshaltungskosten der „einfachen leute“ relativ gering. Jedenfalls, das habe ich auch so erfahren, sind die Leute alle sehr freundlich und relaxt. Trotz des spanischen Einflusses und eines wie man erleben darf südlichen Temperaments, wird man selten unterbrochen oder einem nur oberflächlich zugehört.
    Problem, durch den us-amerikanischen Einfluss wird man für fast alles übern Tisch gezogen. Money makes the world go round, ein amerikanisches Leitmotiv. Und was die Sicherheit betrift, ja auch in San Jose gibt es Ecken die man abends/nachts als weisser Mann nicht mehr betreten sollte.
    Jetzt wo du in Nicaragua bist, wirst du feststellen, dass fast alles preiswerter ist. Ich persönlich fand Granada sehr schön, vor allem den Ausblick vom Kirchturm auf den großen See.

    Saluodos, Jorge

    P.S. wenn du noch einen von den Geldscheinen aus CR hast, es gibt so einen Trick, man kann die Enden aneinanderlegen, dann ist das wie ein Endlosmuster…

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