65 Mazunte die Zweite oder Mathias und der Skorpion

Wieder zurück in Mazunte, ist das Gefühl dieses Mal ein ganz anderes. Das Wetter ist deutlich schlechter und es scheint hier tagelang geregnet zu haben. In der Nacht fängt es erneut zu regnen an und regnet ziemlich genau 24h durch. Es gibt keinen wirklich überdachten Gemeinschaftsbereich. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als mich in meine Hütte zu verziehen und zu warten. Und mit meiner Hütte meine ich mein Bett, was anderes gibt es darin nämlich nicht. Die Hängematte draußen ist halb im Regen, also fällt diese Option auch flach. Das macht wirklich depressiv mit der Zeit. Gerade im Vergleich zum Hostel in Puerto Escondido ist hier, 67km weiter, jeglicher Luxus wieder ausradiert. Naja, wenigstens lese ich ein halbes Buch.

Der Tag danach ist zwar vom Wetter her etwas besser, aber die Katzen sind krank und scheißen mir ihren wurmverseuchten Durchfall direkt vor die Tür. Die Gruppe nebenan hat es noch schlimmer getroffen. In ihrer großen Hütte haben die Katzen einige Eingänge und sie verteilen den Kot großzügig im Bett. Mahlzeit…

Aber abgesehen davon, habe ich die Katzen schon in mein Herz geschlossen 🙂

Katzenbesuch

Katzenbesuch

Sergio ist nicht so wirklich auf dem Dampfer und mir wird auch klar, dass unser mögliches Vorhaben wörtlich gesprochen ins Wasser fällt. Wir hatten überlegt, dass wir bei meiner Rückkehr etwas an dem Steg verbessern bzw. ihn vielleicht sogar erweitern wollen. Also Löcher graben, Betonpfeiler darin versenken, Balken darüber ziehen, Bretter zurechtschneiden und darüber befestigen. Die Idee kam uns, als ich an einer Stelle eingebrochen bin. Zum Glück hatte ich nur den blauen Fleck.

Der Durchbruch

Die Folgen des Durchbruchs

Als ich mir das mal genauer angeschaut habe, konnte ich sehen, dass mein Bein nur knapp an einem rostigen Nagel vorbeigeschrammt ist. Das hätte dann wohl etwas anders ausgesehen.

Schon direkt nach meiner Ankunft wird mir schlagartig klar, dass man das nicht in der Regenzeit machen kann. Der Boden ist zu weich und selbst eine kleinere Baustelle würde für uns zwei ein bis zwei Wochen in Anspruch nehmen, in denen der Boden zumindest nicht überflutet sein sollte. Keine Chance!

In den nächsten Tagen wird das Wetter wieder etwas besser. Ich treffe ein paar Freunde, die ich schon seit meinem letzten Aufenthalt kenne und die Katzen kacken mir immer noch vor die Tür. Viviana, die Putzfrau, sagt mir, dass die kleine wahrscheinlich sterben wird, weil sie nichts mehr isst. Das macht mich traurig. Nichtsdestotrotz sind die beiden noch einigermaßen aktiv und jagen relativ viel herum. Der ältere der beiden hat die Angewohnheit Kakerlaken zu fangen, sie aber nicht zu töten. Danach kommt er zu mir und spielt mit ihnen. Lässt sie frei und fängt sie wieder. Die Überreste der Kakerlaken landen dann am Ende des Tages vor meiner Tür. Genauso, wie die Scheißhaufen. Ach, ich liebe Fäkalhumor 😀

Es ist dunkel und ich sitze in meiner Hängematte. Plötzlich registriere ich eine Bewegung und sehe einen Skorpion in der Größe meiner Handfläche (und ich meine damit ohne den Schwanz/Stachel) schnurstracks auf meine Tür zulaufen, als hätte er einen gottverdammten Schlüssel und würde da gleich aufsperren. Die Katzen beobachten das Geschehen ebenfalls und stürzen sich auf den Skorpion und schlagen ihn in die Flucht. Anscheinend ohne gestochen zu werden, denn der Stich eines Skorpions scheint, laut hiesigen Aussagen, tödlich für die Katzen zu sein.

Zwei Nächte darauf liege ich im Bett und lese, bevor ich schlafen gehe. Als ich nochmal aufstehe und das Licht ausschalte geht meine Blick am Vorhang entlang und ich sehe einen komischen Schatten. Krass, das sieht aus wie ein…OH NEIN, ist das etwa ein Skorpion? Hoffentlich ist er auf der Außenseite des Moskitonetzes. Schnell wieder das Licht an und überprüfen. Wo ist er denn jetzt? Und dann kommt er hinter dem Vorhang hervor. FUUUUUUCK, er ist innen! Direkt schießt mein Puls in die Höhe. Ich habe noch nie einen richtigen Skorpion gesehen. Und dieser hier hat eine stattliche Größe. 1000 Gedanken rasen mir durch den Kopf. Wie giftig ist das Ding? Sind die Viehcher eigentlich schnell? Sind sie aggressiv? Wie bekomme ich dieses Ding hier raus? Ich habe keine Antworten darauf. Jetzt muss ich handeln. Während ich diese Zeilen schreibe fällt mir auf, dass ich nicht im Geringsten auf die Idee gekommen wäre, den Skorpion zu töten. Sehr gut Mathias! Natürlich hätte ich im Falle der Selbstverteidigung nicht davor zurückgeschreckt. Ich bin ja kein Depp 😉

Wie also bekomme ich dieses Ding hier raus? Der Skorpion hat mich definitiv auf dem Schirm. Das sehe ich. Aggressiv scheint er nicht zu sein und zudem bewegt er sich recht langsam. Ich kann also einen Gang herunterschalten, ihn beobachten und mir während dessen etwas überlegen. Irgendwann verliere ich ihn aus den Augen, ohne einen Masterplan erarbeitet zu haben. Ich bin immer noch ziemlich angespannt. Ich werde diese 2,5 x 2,5m Hütte ganz sicher nicht die Nacht mit einem Skorpion teilen. Dazu bin ich ein viel zu großer Schisser. Was weiß ich, ob der unter dem Moskitonetze durchkommt und wir dann Mann gegen Skorpion in einem 1,4 x 2m Moskitonetz Cage Match vor uns haben… Ich wandere aus! Die Hütte gehört heute Nacht dem Skorpion. Da ich hier als Volunteer Narrenfreiheit habe, schlafe ich einfach in einer anderen freien Hütte. Das Problem ist leider, dass das Moskitonetz gerade nicht da ist. Also muss ich den Ventilator anschalten, der wie irre bläst und ich zu frieren beginne. Nach dieser aufwühlenden Aktion hätte ich die Nacht schon ganz gerne unter einem Moskitonetze verbracht. Zumal ich ja nicht weiß, ob sich in diesem Zimmer nicht auch ein Skorpion befindet. Ursprünglich war ich richtig K.O. und wollte einfach nur schlafen. Jetzt bin ich hellwach. Vor meinem inneren Auge sehe ich immer wieder meinen neuen Freund durch die Gegend laufen. Um vier Uhr habe ich die Faxen dicke und starte eine ausgiebige Recherche über Skorpione in Mexiko. Speziell in Oaxaca. Zu meinem Missmut erfahre ich, dass es sich um eine der gefährlicheren Arten handelt. Tödlich wäre es wahrscheinlich eher nicht, aber äußerst schmerzhaft. Und ich möchte nicht ausprobieren mitten in der Nacht von Mazunte aus ein Taxi oder einen Fahrer zu bekommen, der mich in ein ca. 30 km entferntes Krankenhaus in der Umgebung fährt.

Die restlichen Stunden sind ein Dämmerzustand aus Paranoia, gestochen und von Ameisen bekrabbelt zu werden und dem Frieren wegen des viel zu starken Ventilators. Ich würde behaupten meine soweit schlimmste Nacht seit Beginn meiner Reise.

Am nächsten Morgen gehe ich total gerädert, aber mit einer Strategie direkt in die Hütte. Alle Sachen rausholen, die Hütte links machen und nach einem Skorpion suchen. Nix, gar nix! Ach, ist das ärgerlich. Jetzt hab ich noch nicht mal die Sicherheit, dass dieser Skorpion verschwunden ist. Also bleibt nur abzuwarten, was die Nacht bringt…

In den Nächten danach schrecke ich immer wieder auf und suche erst einmal mein Bett nach einem Skorpion ab. Irgendwann habe ich mich daran gewöhnt und schlafe wieder normal. Ich sehe ihn auch nicht mehr wieder. Nur ein kleines Exemplar in der Toilette.

Babyskorpion

Dafür bekomme ich in den letzten Nächten Besuch von einer Hundemutter mit ihren drei Welpen, die sich bei mir anscheinend wohl fühlen und sich vor meiner Hütte einquartieren. So langsam komme ich mir hier vor wie im Zoo.

Hundebesuch

Die Hundefamilie

Obwohl ich beim zweiten Mal hier ein ganz andere Situation vorgefunden habe, war es dennoch super. Meine Zeit hat sich diesmal viel mehr außerhalb der Unterkunft abgespielt. Nach ungefähr 6 Wochen an diesem Ort habe ich einen Bekanntenkreis aufgebaut und es fällt mir nicht ganz so leicht einfach zu gehen. Ich habe hier viele interessante Leute kennengelernt, mit denen ich interessante und intensive Gespräche geführt habe.

Mein Freund Christian

Mazunte ist definitiv ein Ort, an den ich irgendwann gerne wiederkehren würde.

2 thoughts on “65 Mazunte die Zweite oder Mathias und der Skorpion”

  1. Ich hab mich köstlich amüsiert beim lesen deiner Skorpion Story….hab dort damals auch welche gefangen.
    Fang bloß nicht an dich über die Chagas Krankheit u.den gleichnamigen Käfer zu informieren,sonst wirst du paranoid 😉

  2. Du kannst das also nachempfinden. Aber deshalb ist man ja auf Reisen, um seinen Horizont zu erweitern 😉
    Kann ich absolut verstehen mit den Infos, deshalb versuche ich das meistens zu vermeiden 😀

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.