51 La Paz Pt. 3 – Ein Volunteer auf innerer Reise und keine Feuerwerkskörper

Es sind mittlerweile fast 2 Monate vergangen und ich hänge immer noch in La Paz rum. Die Zeit vergeht wie im Flug und ich wundere mich immer wieder was ich eigentlich so gemacht habe. Eigentlich fast nichts, gerade in Bezug auf das Reisen gesehen. Ich habe mich mal wieder einem routinierten Alltag hingegeben und im Hostel meine Schichten gemacht. Aber wann immer irgendjemand aus dem Hostel sich dazu entschließt nach Balandra zu fahren, bin ich dabei. Der schönste Strand hier in der Kante. Und immer wieder ein Highlight für mich!

Balandra Beach

Mein Arbeit als Volunteer besteht zum größten Teil aus den Nachtschichten. Von 23 – 7 Uhr. Die Gäste haben keinen Schlüssel zum Haupteingang, d.h., wenn Gäste Nachts unterwegs sind, muss irgendjemand die Tür öffnen. Das heißt eben mitten in der Nacht ab und zu mal aufstehen. Das einzige Problem dabei kann unter Umständen sein, dass eine 8er Gruppe zusammen weggeht und jeder einzeln zurückkehrt. Das kann dann anstrengend werden. Die Nacht verbringe ich in diesem Fall im überdachten Außenbereich, dem Gemeinschaftsbereich sozusagen. Sobald die Gäste entweder in den Zimmern bzw. außerhalb sind, kann ich das Licht ausschalten und schlafen, bis die Meute nach und nach eintrudelt oder morgens die Leute zum Frühstück aufstehen. Kein besonders erholsamer Schlaf, aber bis auf die Tür öffnen und warten, bis alle in den Zimmern sind, muss ich keinen Finger krumm machen und kann ansonsten schlafen.

Mein Schlafplatz

Neben den Nachtschichten gibt es noch die 4h Frühstücksschicht von 7 – 11 Uhr, die genau das besagt. Frühstück für alle Gäste machen. Hier muss man tatsächlich arbeiten 😀 Ist aber trotzdem nicht der Rede wert.

Die Abendschicht von 19 – 23 Uhr besteht aus der gewaltigen Aufgabe, die Lichter im Hostel einzuschalten, die Toiletten zu checken und eventuell Klopapier nachfüllen und den Boden wischen. Wenn die Gäste nach dem Abendessen ihr Geschirr nicht selbst gespült haben, muss ich mich darum auch noch kümmern. Also alles in Allem eine 4 Stunden Schicht, die man in 15 – 60 Minuten erledigt hat.

Hostel

Wie ich glaube ich jetzt schon öfter erwähnt habe, gibt es für mich hier nichts mehr zu sehen, aber nichtsdestotrotz hat mir eine innere Stimme gesagt, dass ich hier noch nicht fertig bin. Es hat lange gedauert, bis ich begriffen habe warum. Anstatt von einer Attraktion zur anderen zu rennen, war es wohl eher eine innere Reise, die ich in diesem Fall gemacht habe. Normalerweise schreibe ich sehr offen über das was mich bewegt, aber irgendwie habe ich in diesem Fall nicht das Bedürfnis, dies an dieser Stelle ausführlich zu beschreiben. Kurz gesagt: Ich habe daran gearbeitet mehr im Moment zu leben. An dieser Stelle ein großes Dank an meinen Freund Henri, der mir in dieser Hinsicht die Augen geöffnet hat!!!

Ein paar Tage vor Silvester, ich bin noch als Gast hier im Hostel, werde ich mitten in der Nacht wach, weil es ein paar Mal geknallt hat. Mhh, kurz vor Silvester…das werden wohl Feuerwerkskörper sein. Fühlt sich aber irgendwie nicht so an und komischerweise höre ich die anderen Leute im Raum, wie sie sich unruhig im Bett bewegen, keiner redet. Vielleicht waren es auch Schüsse, aber was soll ich jetzt groß machen?! Also schlafe ich weiter. Am nächsten Tag höre ich dann von Henri, dass er auch die Polizei und die Ambulanz gehört hat. Es waren also doch Schüsse! Der Besitzer erzählt mir dann zwei Tage später, dass drei Dealer in der Nacht erschossen wurden. Ein bis zwei Blocks entfernt.

Die Gangs bekriegen sich. Der Hydra wurde mit der Verhaftung und vor allem der Auslieferung von El Chapo an die USA der Kopf abgeschlagen und nun sind einige Köpfe nachgewachsen. Das fordert Tote. Ein paar Wochen zuvor wurden drei Menschen an einer Brücke in der Nähe von Cabo San Lucas (zwei Autostunden entfernt) aufgehängt um ein klares Zeichen zu setzen.

Was mich eigentlich am meisten erschreckt, ist, wie egal das allen ist. Auch mir. Die Drogenbanden ballern sich gegenseitig über den Haufen und die Touris spazieren gemütlich am Malecon (der Promenade) entlang, machen ihre Touren zu den Walhaien oder zu den Seelöwen und gut ist. Die Gefahr fühlt sich einfach nicht real an. Wie in einer Parallelwelt. Ich laufe mitten in der Nacht alleine durch die Gegend und fühle mich kein bisschen in Gefahr. Natürlich sind es nicht die aller dunkelsten Ecken, aber wenn ein bis zwei Blocks vom Hostel Leute erschossen werden, bin ich auch nicht ganz so weit weg. Ich bin auf jeden Fall mal kein direktes Ziel und deshalb fühle ich mich „sicher“. Dass man zur falschen Zeit am falschen Ort sein kann, möchte ich damit aber nicht bestreiten.

Ein paar Wochen später ist dann richtig Highlife in Dosen. Schon kurz vor Sonnenuntergang kreist ein Hubschrauber über der Stadt. Ständig hört man Sirenen. Um Mitternacht hört man dann wieder Schüsse, diesmal etwas weiter weg. Wieder etliche Polizei- und Ambulanzsirenen. Selbst wenn danach nichts mehr zu hören ist, liegt ein bitterer Nachgeschmack in der Luft. Man kann spüren, dass in dieser Nacht schlimme Dinge passiert sind. Auch die Hunde merken das und man hört sie überall um uns herum abwechselnd bellen.

Am nächsten Tag ist der Himmel das erste Mal richtig dunkel und grau und es regnet. Gestern Nacht haben Menschen ihr Leben verloren.

Über der Stadt liegt ein Schatten und der Himmel weint über die Toten…

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