74 Antigua – Mein erster Chicken Bus und auf Shoppingtour für den Vulkan

Die Fahrt nach Antigua ist mehr oder weniger das gleiche, wie die Nachtbusfahrten zuvor. Allerdings sind wir in einem Doppeldecker und die Busse in Guatemala scheinen ein paar Grad wärmer zu sein. Ich habe erst nach drei Stunden zu frieren begonnen.

Antigua ist ein wunderschöne Stadt. Eine Kolonialstadt. Viele vergleichen sie mit San Cristóbal de las Casas. Ich würde sagen, sie haben recht. Es gibt nur ein paar Dinge, die sie unterscheiden. Es regnet hier weniger, aber die Straßen und Bordsteine in San Cristóbal sind schöner. Dafür hat Antigua einen inaktiven Vulkan direkt vor der Haustür und mehr als ein Dutzend Kirchenruinen. Die Stadt war vom 16. – 18. Jahrhundert die Hauptstadt der spanischen Kolonien in Zentralamerika, wurde aber durch mehrere Erdbeben so stark beschädigt, dass man sich dazu entschloss in die heutige Hauptstadt Guatemala Stadt umzusiedeln. Sie wurde nie ganz aufgegeben, ist jetzt aber vor allem durch den Tourismus bekannt. Aufgrund der Erdbeben wurde aus den Kirchen dann die Ruinen und die kann man sich hier teilweise anschauen. Das hat was!

Antigua

Antigua

Antigua

Antigua

Da wir früher in der Stadt sind, als wir unser Quartier beziehen können, setzen wir uns zunächst in ein Café und bekommen erste Eindrücke der Stadt. Es wirkt freundlicher und gemütlicher als in Flores und auch das Klima hier ist nicht so schwül und drückend.

Um letztendlich unsere Unterkunft zu erreichen, müssen wir den Bus nehmen. Mein erster Chicken Bus. Ich habe schon so oft von diesen Bussen gehört. DAS Transportmittel in Zentralamerika. Sowohl für Überland- als auch für Stadtfahrten im Einsatz und obendrein noch spottbillig. Es handelt sich dabei um ausrangierte Schulbusse aus den Vereinigten Staaten, die bestimmt jeder schon mal gesehen hat. Viele von ihnen sind umlackiert und mit viel Farbe versucht hier wohl jeder ein bisschen hervorzustechen. Außerdem bauen sich manche hier eine Anlage in den Bus, dass man sich manchmal eher vorkommt wie in einer rollenden Disko.

Chicken Bus

Zunächst steigen wir in den Bus ein, der in die entgegengesetzte Richtung fährt. Da wir es aber direkt bemerken steigen wir wieder aus. Zum gleichen Zeitpunkt hält der Bus für die andere Richtung. Also schnell, schnell, die Autos dahinter hupen schon. Die Autos hupen eigentlich immer und da ist auch keiner aggressiv wie in Deutschland. Sie hupen einfach.

Im Bus das Chaos, alles voller Schüler. Die Schule ist aus und offensichtlich auch generell Rushhour. Es ist kein Platz frei und ich hätte mir meinem großen Rucksack auch keine Chance da durchzukommen. Im Endeffekt stehe ich ganz vorne direkt beim Fahrer. Mein Rucksack unmittelbar neben dem Schaltknüppel der ihn teilweise blockiert. Trotzdem macht er keinen Stress. Mein kleiner Rucksack daneben und meine Ukulele…wo ist meine UKULELE? Da grinst mich eine alte Frau an und hebt sie hoch. Ah okay, sie ist in guten Händen! Das ständige Anfahren und Abstoppen bringt mich ganz schön aus dem Gleichgewicht, zumal ich mich nirgends wirklich festhalten kann. Es kommen immer mehr Leute und ich weiß einfach nicht, wie ich sie durchlassen soll. Ich stehe mitten im Weg und winde mich in alle Richtungen. Außerdem muss ich immer wieder schauen, dass mein Rucksack nicht umkippt. Das ist die Hölle! Es ist auch nicht so, dass zuerst die Leute aussteigen und dann die anderen einsteigen. Nein, jeder quetscht sich da irgendwie durch und ich stehe mittendrin und mache rhythmische Sportgymnastik. Manche Leute stehen schon einige Stationen vorher auf und bahnen sich ihren weg, weil sie sonst nicht rechtzeitig aussteigen könnten. Irgendwann sind wir da und ich kann diesem Irrenhaus entfliehen. Was eine Fahrt! Niemals wieder Fahre ich diese Dinger mit Gepäck wenn gerade Rushhour ist.

Bei unserer Gastmutter angekommen ist daher auch meine erste Amtshandlung, meine Rucksack neu zu packen, damit die Taschen an der Seite nicht mehr so aufgebläht sind.

In den folgenden zwei Tagen schauen wir uns in aller Ruhe Antigua an. Die Stadt lädt dazu ein einfach herumzulaufen und zu erkunden. Manchmal schauen wir uns eine Ruine an, manchmal trinken wir ein Kaffee oder Essen etwas.

Antigua

Antigua

Irgendwann fängt Paola davon an, man könnte ja einen Vulkan besteigen. Das überrascht mich etwas. Ich dachte mir eigentlich, dass ich das machen werde, wenn ich wieder alleine bin. Nach ein paar Nachforschungen stellt sich heraus, dass man von Antigua aus den Acatenango besteigen kann. Also werden wir uns da mal bei einem Anbieter schlau machen. Und irgendwie sind wir dann bei Eddy gelandet. Eigentlich waren wir mit unserer Wäsche auf der Suche nach einer Wäscherei, als er uns anspricht. Er biete in seinem Hostel ein Wäscheservice an und so sind wir dann auch über ihn an diese Tour gekommen. Die meisten Erfahrungsberichte führten mich zu dem Ergebnis, dass der Aufstieg zwar ziemlich schwer ist, aber trotz aller Strapazen waren die Personen danach sehr begeistert! Na, dann sollten wir das doch einfach mal ausprobieren!

300 Quetzal für die Tour plus 50 Quetzal Eintritt in den Nationalpark. Das sind etwas weniger als 40€ für eine geführte Tour mit Übernachtung im Basecamp auf ungefähr 3400m Höhe und der finale Aufstieg zum Krater um 4 Uhr morgens. Dazu kommen drei Mahlzeiten und geliehene Winterjacke, Handschuhe und eine Mütze. Ein guter Preis würde ich sagen.

Paola hat aber weder Wanderschuhe, noch einen Pullover oder eine Regenjacke. Also ziehen wir los und versuchen alles zu bekommen. Hier komme ich das erste Mal mit dem Begriff ‚ropa de paca‘ in Berührung. Kurz gesagt handelt es sich dabei um Secondhand Ware. Es gibt glaube ich auch eine Art Kette, die das als Geschäftsmodell hat, aber wir sind auf einem Markt. Der Markt ist recht groß und bietet wirklich einiges an. Auch wenn die Ware an sich wie in einem Ramschladen präsentiert wird, bekommt Paola hier ein paar gute Schuhe zu einem ordentlichen Preis. Den Pullover kaufen wir auf einem anderen Markt, der ist allerdings nicht gebraucht. Jetzt fehlt noch die Regenjacke. Hierfür rennen wir wirklich am meisten durch die Gegend. Nach drei verschiedenen Anläufen finden wir sie dann letztendlich in einem Supermarkt. Also steht dem Abenteuer jetzt nichts mehr in der Quere.

Antigua

Als Proviant für die Reise wird einem Geraten ungefähr 3-4 Liter Wasser mitzunehmen. Ich kaufe eine Gallone. Das beschränkt den Platz in meinem Tagesrucksack natürlich um einiges. Am Anfang wird es wohl noch ziemlich warm sein, aber ganz oben bestimmt eisig kalt. Daher sind ein paar Laken durchaus sinnvoll. Und in Endeffekt ist mit Kamera und allem drum und dran dann mein Rucksack brechend voll und Regenjacke und Winterjacke hängen an den Seiten dran. Wird schon irgendwie gehen. Morgen geht es los!

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