85 Semuc Champey oder die Oase der Ruhe am Fluss

Die Fahrt nach Semuc Champey (eigentlich erstmal Lanquín) geht viel Überland. Also zieht es sich entsprechend. Aber da ich genug Platz habe, ist es angenehm. Zum Glück bekomme ich von einer Freundin einen Tipp wo ich unterkommen kann. Danke an dieser Stelle Anika. Da ich zuvor nur einen flüchtigen Blick auf die Karte geworfen hatte, dachte ich, dass Lanquín der Ausgangspunkt zu Semuc Champey ist. Es ist auch die Endstation des Busses. Aber dass es erstens nochmal 10 km bis nach Semuc Champey sind und dass es zweitens dort auch Unterkünfte in der Nähe gibt, hatte ich bis dahin nicht auf dem Schirm.

Aus dem Bus ausgestiegen stehen dann schon die Pickup Fahrer bereit, um dich in die Unterkünfte in der Nähe von Semuc Champey zu bringen. Die Pickups haben ein Metallgerüst, dass es einem erlaubt im Stehen zu fahren, falls es nicht regnet und das Gerüst überdecken muss. Andernfalls muss man sich entweder auf den Boden setzen oder im Halbstehen den Spaß hinter sich bringen. Anika hat mir auch erzählt, dass man auf der Fahrt ordentlich durchgeschüttelt wird und dass sie wenigstens das Glück hatte vorne zu sitzen, während ihr Freund Flo hinten stehen musste. Während der Fahrt und Krämpfen in den Unterarmen vom Festhalten, musste ich mir meinen Freund das ein oder andere Mal fluchend wie ein Rohrspatz vor Augen halten. Das hat mir meine Schüttelfahrt wenigstens angenehmer gemacht 😉 Der Fahrer ist aber auch wie der Henker diese Strecke entlang gebrettert.

Vor Ort angekommen, bin ich einfach nur begeistert, was die hier für eine riesige Hütte mitten in den Dschungel geballert haben. Ein großer offener Aufenthaltsbereich mit vegetarischem Restaurant.

Semuc Champey

Semuc Champey

Semuc Champey

In der ersten Etage die Stockbetten und kleine Privatzimmer und darüber, sozusagen im Speicher, die Hängematten. Sowohl das Stockwerk der Hängematten als auch der Bereich der Stockbetten hat einen schönen Ausblick auf den Dschungel, da alles zum Fluss hin offen ist. Ich habe mich erst gewundert, dass es keine Moskitonetze gibt, aber aus welchem Grund auch immer, war das hier nahezu kein Problem. Nur wenn man näher zum Fluss gegangen ist oder den Berg etwas hoch ist zum 200m entfernten Wifi Punkt, waren sie präsent. In kleineren Nebengebäuden haben sie noch weitere Mehrbettzimmer, die zwar nicht die schöne Aussicht haben, aber dafür etwas günstiger als die anderen Stockbetten sind. Meine Wahl. Hier habe ich auch etwas mehr Ruhe und bin in der ersten Nacht ganz für mich alleine.

Seit langem bin ich mal wieder an einem Ort, an dem fast nur Deutsch gesprochen wird. Eigentlich nichts, was ich wirklich suche, aber es kommt ja auch auf die Menschen an, mit denen man sich unterhält. Von Lili aus Mainz, über die halbe Belegschaft aus Hamburg (fast alle kannten Zweibrücken!!!) bis hin zu dem wundervollen Paar Miguel und Martina aus Österreich, hatte ich tiefe und inspirierende Gespräche. Insofern war es eine angenehme Abwechslung mal wieder etwas Heimatluft zu schnuppern 🙂

Da ich nun ein Hostel mit Laufnähe zu Semuc Champey gefunden habe, muss ich natürlich am kommenden Morgen auch dorthin laufen. Spart nicht nur Geld, sondern man hat auch noch einen schönen Spaziergang, bevor es ans Eingemachte geht. Die zwei Mädels, Megan und Lili, die schon die Schüttelpartie am Vortag mit mir geteilt haben, begleiten mich.

Vor Ort angekommen geht es zunächst zum Aussichtspunkt, der einem schon Vorfreude darauf macht, was einem in wenigen Minuten am Ende des Abstiegs erwarten wird.

Semuc Champey

Semuc Champey

Semuc Champey

Die Vorfreude wird auch nicht enttäuscht. Das Wasser ist frisch und klar und wir verbringen einige Zeit dort. Spätestens jetzt sind wir auch froh, dass wir nicht mit einer Tour gegangen sind. Die hat nämlich einen ziemlich engen Zeitrahmen an den einzelnen Orten. Wir schaffen es zwar nicht zur nahegelegenen Höhle, aber genießen dafür das Wasser umso mehr.

Semuc Champey

Semuc Champey

Da das Hostel keine Gemeinschaftsküche besitzt, hat man – so weit vom Schuss – eigentlich kaum eine andere Wahl als seine Mahlzeiten dort zu sich zu nehmen. Das Essen ist auch wirklich gut und reichlich, aber eben auch eine geschickte Verkaufstaktik. Man lässt quasi sein ganzes Geld in dieser Zeit dort. Die nächsten zwei Tage bestehen, abgesehen vom Tubing und einem Spaziergang, eigentlich nur noch daraus die Seele baumeln zu lassen. Das Internet ist zu weit weg und an so einem Ort auch nicht wirklich notwendig. Also lese ich viel, führe interessante Gespräche (so etwas wie WhatsApp, aber halt mit dem Mund und dem anderen ins Gesicht) und es kommt auch ein paar Mal vor, dass ich mit jemanden zusammen etwas jamme.

Das Tubing findet um 15:30 Uhr statt, also genug Zeit mich um das zuvor beschrieben zu kümmern. Einmal in die Badehose, einen Reifenschlauch mit auf den Pickup und kurz vor Semuc Champey ins Wasser. Der Rest ist treiben lassen, ab und zu mal gegensteuern und schauen, dass einem die Steine nicht den Arsch aufreißen 😉 Ist nicht das Highlight des Jahrhunderts, aber es hat uns allen Spaß gemacht.

Semuc Champey

Ein Spaziergang auf dem Grundstück zeigt mir, wie groß es eigentlich ist. Abgesehen von den Hütten, ist das Gelände mindestens 3 mal so groß. Hier gibt es noch viel Potential. Hoffentlich sind sie nicht zu gierig und versauen sich dadurch den Vibe. Wäre nicht das erste Hostel, dass sich seine gemütliche Atmosphäre mit Gewinnmaximierung zerstört. Besonders schön ist, dass ein Hund des Hostels auf dem Weg abfängt und begleitet. Irgendwie weißt er mir den Weg, dann verschwindet er wieder für ein paar Minuten und dann treffe ich ihn ein paar hundert Meter weiter wieder. Fühlt sich irgendwie an, als hätten wir das schon immer so gemacht 🙂

Den zweiten Spaziergang, den ich hier gemacht habe erwähne ich eigentlich nur, weil er über Zweibrücken geht (Vorsicht, Wortspiel mit meiner Heimatstadt!). Ok, jetzt sind es zwei Gründe. Eine dieser Brücken hat ihre besten Tage wohl schon vor… mhh keine Ahnung… ein paar Jahrzehnten(!?) gehabt. Abgesehen davon, dass die existierenden Bretter nicht den besten Eindruck machen und es relativ große Löcher dazwischen gibt, sind meiner Meinung nach gerade die Stöcke, die sie verwendet haben, um ein paar Löcher zu schließen. Das wirklich Gefährliche daran, manche sind nämlich so lose darauf gelegt, dass sie zu rollen anfangen, wenn man darüber läuft. Nichtsdestotrotz geben mir die Stahlseile ein ausreichendes Gefühl an Sicherheit und ich hoffe, dass die Bilder einigermaßen widerspiegeln, wie es in Wirklichkeit aussieht.

Semuc Champey

Semuc Champey

Semuc Champey und vor allem auch dieses Hostel ist wirklich ein Ort, an dem ich normalerweise länger bleiben würde. Leider laufen meine 90 Tage, die ich mich hier aufhalten kann bald ab (eigentlich überziehe ich schon mindestens einen Tag) und deshalb muss ich mich wieder auf den Weg machen. Am nächsten Morgen geht es erneut mit dem Schütteltaxi (diesmal fast 10 Leute) den Weg zurück. Dann mit dem vollgestopften Bus etwa 10h nach Flores. Das war dieses Mal deutlich anstrengender als die Fahrt nach Semuc Champey, weil man einfach keinen Platz hatte sich ein bisschen auszustrecken. Witziger und für mich ein mindestens so trauriger Fakt. Parallel ist ein weiterer Bus gefahren, der auch die gleichen Stopps gemacht hat wie wir. Darin waren vielleicht 6 Personen, die es sich so richtig gemütlich gemacht haben.

Total gerädert und todmüde in Flores angekommen, buche ich nur meinen Bus nach Belize am nächsten Morgen um 6 Uhr und gehe dann zeitig schlafen. Morgen wartet ein neues Land auf mich. Mal schauen, was da auf mich zukommt.

Alle Bilder zum Beitrag

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.