82 San Pedro Pt. 2 – Unterricht am dreckigen See und die Indianernase

Ein paar Tage nach der Trekking Tour habe ich mich in einen Chicken Bus gesetzt und bin nach San Pedro gefahren. Direkt nach Ankunft habe ich mir eine Schule gesucht, um einen Tag später mit dem Unterricht zu beginnen und bei einer Gastfamilie wohnen zu können. Wegen des anstehenden Unabhängigkeitstages am 15. September wollte ich sicher gehen, dass ich einen Schlafplatz habe. In Xela waren die Hostels nämlich ausgebucht.

Und jetzt sitze ich hier in einem herrlichen Garten und habe meine ersten Unterrichtsstunden.

Schule

Schule

Zusätzlich zum Unterricht bin ich bei einer Gastfamilie untergebracht, um mehr zu üben und außerdem ermöglicht es mir interessante Einblicke in die guatemaltekische Kultur. Das Zimmer das ich hier beziehe ist super. Groß, sauber und ein ordentliches Bett. Außerdem ist es die beste Internetverbindung, die ich bisher in Guatemala hatte.

Meine Gastfamilie besteht aus Enli und ihren zwei Söhnen Caleb 6, Fredi 13, ihrer Tochter Enli 23 und deren Mann Edgar und der kleine Zoe 4. Die Tochter und ihre Familie lerne ich aber erst am Ende der ersten Woche kennen. Da sie dann erst aus Xela gekommen sind. Wo der Vater der Kinder ist habe ich nie erfahren, habe ich auch nie gefragt.

Die Strukturen sind relativ klar und überraschen mich jetzt auch nicht besonders in der lateinamerikanischen Machogesellschaft. Die Jungs machen gar nix und die Mama bzw. die Tochter kümmern sich um alles. Caleb ist ein Energiebolzen und stellt das ganze Haus auf den Kopf. Er hat eigentlich Narrenfreiheit. Fredi der größere ist ziemlich introvertiert und schüchtern. Deshalb unterhalte ich mich am meisten mit der Mutter des Hauses. Aber sie hat, wie wohl die meisten hier, ihr Glück in Gott gefunden und ist daher viel damit beschäftigt in die Kirche zu gehen.

Am Unabhängigkeitstag gehe ich mit der Familie den Umzug anschauen. Die ganzen Schulen laufen mit einer Band vorbei und spielen ein Stück. Ganz nett, aber nichts besonderes. Es ist halt auch alles etwas schlechter organisiert bzw. strukturiert, als man das so kennt.

Das Essen, dass mir vorgesetzt wird ist in Ordnung aber nicht der Hammer. Da habe ich schon Bilder von anderen Schülern gesehen, die da jeden Tag Wahnsinns Gerichte vorgesetzt bekommen haben. Aber das ist ja nur Nebensache. Andere wiederum haben fast jeden Tag das gleiche bekommen. Ich hatte eigentlich immer Reis. In verschiedenen Variationen. Einmal mit Mais gemischt, einmal in pürierte Bohnen gerührt, einmal pur, usw. Der Rest des Gerichtes war immer anders, aber immer irgendwas mit Reis. Neben Mais ist es eben ein Grundnahrungsmittel hier.

Mein Lehrer Selvin ist ein witziger Kerl. Aufgeschlossen und bestimmt ein deutlich modernerer Mann als viele andere hier im Ort. Nichtsdestotrotz wird in unseren Gesprächen immer wieder deutlich, dass auch er in eine Machokultur lebt und er Zuhause keinen Finger krumm macht. Er sagt das auch noch nicht mal machohaft, er sagt einfach nur, dass er eben in solch einer Kultur lebt. Wahrscheinlich würde ihn seine Frau sogar schief anschauen, wenn er plötzlich beim Abwasch helfen würde.

Generell haben wir viel über Guatemala, die Kultur und die Regierung gesprochen. Was ich persönlich ziemlich interessant finde ist folgendes: Die indigene Anteil der Menschen macht ungefähr 60% der Bevölkerung aus. Die Regierung selbst hat aber keinen einzigen Vertreter der Mayas in ihren Reihen sitzen. Die Elite macht natürlich nur Politik für die Elite, so wie das leider überall auf der Welt ist. Ergo wird sich eigentlich um den Großteil der Bevölkerung überhaupt nicht gekümmert.

Wir sprechen auch darüber wie San Pedro vor der Touri Invasion war. Man hat sich damals hier noch geholfen. Der zentrale Anlaufpunkt: Die Kirche. Pablo will am Montag ein Haus bauen. Dann waren am Montag genügend Freiwillige da um zu helfen. Dementsprechend ging man dann natürlich auch bei anderen helfen. Heute ist das dank der Ellbogengesellschaft verschwunden, die selbstverständlich auch hier Einzug hält.

Der See selbst hat auch schon bessere Zeiten erlebt. Dank Verwendung von Pestiziden im Ackerbau rund um den See gelangen immer wieder viele davon in den See. Dies scheint laut meines Lehrers und anderen Personen das Hauptproblem zu sein. Dazu kommt der ganze Müll der darin landet, Leute die sich und ihre Wäsche im See waschen und so weiter. Wenigstens hat man in San Pedro mittlerweile Plastiktüten und Strohhalme verboten.

Leider bin ich nicht im See schwimmen gegangen. Ich hätte es gerne getan. Mein Lehrer hat mich allerdings gewarnt, dass in den letzten Tagen eine Warnung rausgegeben wurde nicht schwimmen zu gehen, weil die Wasserwerte gerade so schlecht sind. Als Tourist hätte ich das auf anderem Wege nicht erfahren. Ich habe auch andere darin schwimmen sehen. Aber ich habe in letzter Zeit oft genug Dünnschiss gehabt. Jetzt reicht es erst mal 😉

Neben dem Unterricht wurden noch ein paar Aktivitäten angeboten. Unter anderem gehen wir in einen kleine Laden und lassen uns die Textilherstellung nach Maya Art zeigen. Ziemlich interessant, wie man mit einfachen und völlig natürlichen Mitteln die Stoffe herstellen und färben kann.

Textilherstellung

Textilherstellung

Weiterhin stellt eine Familie im Dorf Schokolade her und vertreibt sie in ganz Guatemala. Hier durften wir die ganzen Prozesse der Schokoladenherstellung mal sehen und auch mitmachen. Zuerst werden die Kakaobohnen auf einem Ofen geröstet. So richtig schon altmodisch haben wir da vor dem Ofen gestanden und mit einer getrockneten Papayaschale die Bohnen von Zeit zu Zeit etwas bewegt. Man war das heiß. Nach vielleicht 10 Minuten fängt es richtig schön an zu duften. Nach 35 Minuten sind die Bohnen soweit erhitzt, dass man die Schale leicht entfernen kann.

Rösten der Kakaobohnen

Das ist der eigentliche Grund, warum die Kakaobohnen überhaupt geröstet werden. Danach entfernen wir dann immer noch mit genügend Unvermögen die Schale von der Bohne. Die Schalen werden verwendet um Kakao Tee herzustellen.

DIe Bohne ohne Schale

Die Schale

Die Kakaobohne

Im nächsten Schritt laufen wir ein paar Blocks weiter, wo die Kakaobohnen durch den Wolf gehen. Die Öle die dadurch freigesetzt werden, machen die Maße sogar etwas cremig. Da die Person, die das normalerweise vorführt gerade nicht zuhause ist, laufen wir eben wieder zurück. Lateinamerika eben… Aber da die Masse einen Tag im Kühlschrank bleiben muss, haben wir sowieso eine fertige Schüssel parat stehen, wenn wir wieder zurückkommen.

Kakaomasse

Im nächsten Schritt werden die verschiedene Geschmäcker hinzugefügt. Bspw. Erdnüsse oder Mandeln. Als letztes wird die Masse ausgestochen und in Papier gewickelt. Es war jetzt nicht so, dass wir hier wirklich unsere eigene Schokolade hergestellt haben, aber wir haben die wichtigsten Prozesse gesehen, eigentlich fast alle selbst gemacht und einen ordentlichen Einblick erhalten. Ziemlich cool!

Nachdem ich meine zwei Wochen Unterricht beendet hatte, habe ich endlich noch die Zeit gefunden einen Abstecher ins benachbarte San Juan und eine Wanderung zur Indian Nose zu machen. Ein Bergrücken, der wie das Profil eines Indianers aussieht. Wer hätte es für möglich gehalten?

Indian Nose

Das wollte ich schon die ganze Zeit machen, aber bin nicht dazu gekommen. Man kann das als Tour machen. Hier gibt es sogar das Angebot, zum Sonnenaufgang dort zu sein. Man muss allerdings um 3 Uhr aufstehen und wird dann vor die Tür gefahren. Dazu bin ich zu „faul“ und außerdem möchte ich mir das Geld sparen und will auch eine Wanderung machen. In knapp 3 Stunden komme ich oben an und werde auch ohne Sonnenaufgang mit einem fantastischen Ausblick belohnt.

San Pedro und der gleichnamige Vulkan

Indian Nose

Leider lässt sich von hier oben auch erkennen, wie dreckig der See ist.

Lago de Atitlán

Aber ich hatte einen schönen Tag und kann San Pedro guten Gewissens verlassen. Morgen geht es ins gegenüberliegende San Marcos. Hier werde ich meine Aufmerksamkeit mehr auf mein Inneres lenken. Ein Ort für Yoga und Spiritualität.

Alle Bilder zum Beitrag

1 thought on “82 San Pedro Pt. 2 – Unterricht am dreckigen See und die Indianernase”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.