52 La Paz Pt. 4 – Von Menschen und Spitznamen

Da ich die letzten Monate nicht viel gesehen habe, heißt aber nicht, dass ich nicht interessante Sachen erlebt habe. In diesem Fall spreche ich von den Menschen, denen ich in dieser Zeit begegnet bin. Menschen, die einem nach ein paar Wochen einfach ans Herz wachsen. Menschen, von denen man lernt, die etwas geben, aber auch etwas nehmen. Menschen, die einem in Erinnerung bleiben, weil sie diese besondere Zeit für einen geprägt haben.

Also, fangen wir mal an…

Henri:

Henri

Als ich in das Hostel komme, ist Henri bereits 2 Wochen Volunteer. Dieser Kerl ist einfach der Knaller. Immer gut gelaunt, hat immer einen witzigen Spruch parat und eigentlich nur Unsinn im Kopf. Auf der anderen Seite habe ich mit ihm sehr tiefgründige Gespräche geführt und was er anpackt macht er richtig. Er hat mit Mitte 20 eine Firma aufgebaut, viel gearbeitet und sie jetzt zu einem guten Preis verkauft. Er ist schon seit knapp 2 Jahren mit seinem Motorrad unterwegs. Dieses hat er nach Kanada verschiffen lassen und ist seitdem in Nordamerika unterwegs. In Mexiko ist er erst seit ein paar Wochen.

Wir haben eine super Zeit im Hostel und dies strahlen wir auch an die anderen Gäste und Mitarbeiter aus. Die haben auch ihren Spaß mit uns. So soll das sein. Wie er zum Abschluss so schön gesagt hat: „Hammertime (MC Hammer – U can’t touch this) will never be the same again!“.

Henri

Henri ist am Anfang einer der Gründe, warum ich hier länger bleibe. Das erste Mal habe ich das Gefühl einen richtigen Freund getroffen zu haben. Jemand, von dem ich mir vorstellen kann, dass ich ihn nach dieser Begegnung auch irgendwo auf dieser Welt besuchen kommen würde und dabei wüsste, dass es genauso witzig und entspannt ist, wie zu dieser Zeit in La Paz!

Immer wenn er nicht zugegen ist, spreche ich ausschließlich von dem „Crazy Dutch Guy“, das hat sich recht schnell etabliert 😉

 

Gwendolyne:

Gwendolyne

Der erste wirkliche Kontakt ist durch die Musik zustande gekommen. Als ich munter am Ukulele spielen bin, kommt sie irgendwann an und meint, ob sie auch mal darf. Dann schmettert sie kurz was ab und lässt mich mit offenem Mund stehen. Eigentlich spielt sie die Jarana, ein mexikanische Gitarre aus Veracruz mit doppelten Saiten. Gestimmt wie ein Ukulele.

Nach ein paar Tagen erfahre ich dann auch, dass sie Deutsch gelernt hat und ich muss sagen wirklich nicht schlecht. Es gibt ja Leute, die sagen, dass sie eine Sprache sprechen und dann zwei Sätze sagen können. Sie kann tatsächlich recht gut Deutsch sprechen und das obwohl sie nie in Deutschland war. Hut ab!

Sie ist definitiv eine der besten, die dieses Land zu bieten hat! „Gwen is so much fun“ ist fast schon zum Rufnamen geworden, den ich ihr gegeben habe, aber meistens spreche ich ihren Name so deutsch wie möglich aus „Qwendolin“!

Gwendolyne

Sie ist ständig am Lachen und hat immer gute Laune. Ich habe nie gesehen, dass diese Frau einmal nicht gut drauf war. Unglaublich!

Egal wann und wie ich ins Büro komme, es kommt ein „Was passiert?“ Die eins zu eins Übersetzung vom spanischen „Que pasa?“ oder ein „Was furzt?“, dem mexikanische Pendant dazu („Que pedo“?). Immer einen dummer Spruch auf Lager und aus meiner Sicht die gute Seele des Hostels. Abgesehen davon, dass sie jeden Tag arbeitet, macht sie sich momentan ein lockeres Leben im Hostel. Eigentlich hat sieSprachwissenschaften studiert. Irgendwann will sie also auch mal etwas in diesem Bereich machen bzw. nicht ewig im Hostel bleiben, aber solange ihr Freund Dustin und sie noch nicht das Lebensmodel entwickelt haben, bleibt es erst mal so.

Da sie jeden Tag da ist, lerne ich sie natürlich auch recht gut kennen. An ihrem Geburtstag bin ich mit ihr und ihren Freunden unterwegs und am Abend sind wir dann bei ihr Zuhause und jammen mit ihrem Mitbewohner. Eine Jarana, eine Ukulele und ihr selbstgebautes Cajon. Geil! Ich lerne durch sie La Paz bzw. Mexiko auch mal von einer anderen Seite kenne. Das ist klasse!

 

Mar (Marbella):

Mar

Zusammen mit ihrem Noch Ehemann Nacho leitet sie das Peace Hostel in La Paz. 24 Jahre jung und mit einem 38 Jahre alten Aufreißer aus Madrid verheiratet… Muss ich mehr sagen?! Aber im Grunde genommen ist ihre wahre Liebe sowieso ihr Hund Chula.

Eine liebe und sympathische junge Frau,die vielleicht noch etwas grün hinter den Ohren ist, aber das Herz am rechten Fleck trägt. Weil sie als Besitzerin eine Art Mutterfigur darstellt, nenne ich sie anstatt Mar immer Marm, das mag sie nicht so und ich deshalb umso mehr 😀

 

Cami (Camila):

Cami

Camila habe ich schon am ersten Tag meiner Ankunft das erste Mal gesehen. Sie war immer mal wieder im Hostel, weil sie als Guide bei den Touren mitgearbeitet hat. Unterhalten habe ich mich aber nie mit ihr. Erst als es plötzlich hieß, dass sie bei uns Volunteer macht. Die gebürtige Chilenin ist seit einem halben Jahr in La Paz und arbeitet seitdem als Guide für Touren. Als sie sich eines Tages einen Undercut schneiden lässt, wird sie rausgeworfen. Ziemlich blöde Geschichte. Aber so ist sie im Endeffekt bei uns gelandet.

Ich habe selten einen solchen herzensguten Menschen getroffen. Nach ein paar Tagen kommt es mir schon so vor, als würden wir uns Monate kennen. Wenn ich mal wieder die Hostelhymne „Chacarron“ anstimme, ist sie die Erste die neben mir steht und mittanzt 😀 („El Chombo – Chacarron“ Anhören Leute! Eines der dümmsten Lieder die ich kenne!!!!)

Hier habe ich mir auch schon mal eine Unterkunft für Chile gesichert. Auch wenn sie nicht da ist, wird sie mir auf jeden Fall was organisieren. Naja, schauen wir mal. Wäre ja super 🙂

 

Kirstie:

Kirstie

Diese verrückte, durchgepeitschte Olle aus England. Boah, hat die einen Schaden. Selten jemanden erlebt, der so in seiner eigenen Welt lebt, wie diese Frau. Nach ein paar Tagen im Hostel hat sie dann auch die Metamorphose von Gast zu Volunteer gemacht. Ich musste mich echt erst an sie gewöhnen, aber mittlerweile weiß ich mit ihr umzugehen und mag sie sehr.

Einer meiner ersten Eindrücke war, dass man so nur werden kann, wenn man eine Unmengen an Drogen zu sich genommen hat. Ich will nicht sagen, dass sie keine Drogen nimmt, aber mittlerweile glaube ich, dass das einfach ihre eigensinnige, schräge Art ist. Die gibt einfach einen feuchten Furz, was Leute denken und macht was sie will.

An einem ihrer ersten Tage sind wir mit einer größeren Gruppe zum Strand gefahren. Noch keine 3 Minuten am Strand liegt sie plötzlich nackt neben mir auf ihrem Platz. Wie ist das denn passiert? Es ist nicht so, dass mich das stören würde, aber es hat mich doch etwas irritiert. Später hat sie dann auch noch so Yoga gemacht… Seit diesem Zeitpunkt habe ich sie nur noch „Crazy Naked Girl“ oder CNG genannt. Ein Name, der schnell von vielen adaptiert wurde 😀

Kirstie & Erik

Sie hat auch überhaupt kein Problem den Leuten gegenüber zu sitzen und sich munter in der Nase zu bohren. Rülpsen tut sie auch ständig und in Kombination ihres so abgefuckten britischen Akzents, den ich fast nicht verstehe, musste ich sie irgendwann einfach mal fragen, ob sie in einem Fußballstadion geboren wurde. Sie hat „Nein“ gesagt…

 

Erik der Wikinger… nein, der Kanadier:

Erik

Irgendwann taucht er im Hostel auf. Lange Haare, recht unscheinbar und hat eine sehr sympathische Art an sich. Zwei Tage später ist er auch schon wieder weg. In der kurzen Zeit, in der ich mich mit ihm unterhalten habe, habe ich mitbekommen, dass er nur per Anhalter unterwegs ist und schon seit einigen Jahren immer nur zwischenzeitlich bei seinen Eltern wohnt und immer wieder auf Reisen geht.

Ohne, dass ich es gewusst habe, steht er zwei Wochen später wieder auf der Matte. „Hi, I’m back!“ Mittlerweile bin ich schon als Volunteer am Arbeiten und nach ein paar Tagen gammeln im Hostel schließt er sich an und wir werden Freunde.

Wir hängen ziemlich viel miteinander rum, haben interessante Gespräche und ähnliche Ansichten. Auch wenn er fast 10 Jahre jünger ist, die Chemie stimmt einfach. Er kocht gerne und ich esse gerne. Das geht soweit, dass ich fast ein schlechtes Gewissen bekomme 😀

Ein unheimlich interessante Persönlichkeit. Bescheiden, sehr umgänglich, hilfsbereit und ein Typ der immer alle Leute in den Arm nimmt. Ich mag seine natürliche Art. Er ist wie er ist und fertig. Er will niemand sein oder irgendjemand durch irgendwas gefallen. Das schätze ich sehr!
Anfang Februar will er den PCT laufen. Den Pacific Crest Trail. Fast 4300 Kilometer von Kalifornien über Oregon nach Washington. Also eigentlich von der Mexikanisch-Amerikanischen Grenze zur Amerikanisch-Kanadischen Grenze. Einmal die USA von Süd nach Nord. 5 Monate hat er dafür eingeplant. Ganz alleine und, haltet euch fest, Barfuß! Normalerweise würde ich jetzt auch denken, ja, solche eigensinnigen Spinner gibt es halt, die wohnen dann irgendwann im Wald und jagen ihr Essen selbst. Aber genau das ist er nicht. Er ist ein bodenständiger Kerl, der weder einen an der Klatsche hat, noch irgendjemand was beweisen will. Er ist er selbst, hat sich etwas vorgenommen, sich vorbereitet und Gedanken darüber gemacht und will das jetzt durchziehen. Viel Erfolg und Spaß dabei! Bleib gesund und komm mit ganz viel Erfahrung, Weisheit und Hornhaut zurück nach Kanada. Dort will ich dich dann wieder sehen 😉

 

Mitch:

Mitch

„Amitchgo“ ist für ein paar Tage als Gast im Hostel, dann war er ein Freund, den ich hin und wieder getroffen habe und zuletzt war ich vorübergehend sein Mitbewohner. Ein überaus intelligenter warmherziger Typ in meinem Alter. Ein US Amerikaner, aus Portland Oregon. Etwas schräg in seinen Gedanken, aber ich habe selten ein so großes Herz gesehen. Ich habe viele tiefgründige Gespräche mit ihm geführt. Er hat schon einiges gemacht in seinem Leben. Mathe und Physik studiert. Immer wieder abgebrochen. Nicht weil er es nicht geschafft hätte, sondern eher weil er Angst davor hatte am Ende für die falsche Seite zu arbeiten… Wie z.B. für das Militär. Kann ich verstehen. Klar kann man jetzt sagen, der hatte einfach nicht die Eier und außerdem hätte er ja auch etwas anderes damit machen können. Aber ich habe ein Gespür dafür bekommen, wie er tickt und daher hat er mein vollstes Verständnis.
Zuletzt hat er in einem Coffee Shop als Bedienung gearbeitet.
So, wie ich das mitbekomme und er auch offen erzählt, hat er schon harte Zeiten in seinem Leben gehabt. Wer eine ganze Zeit lang ohne eigene Unterkunft gelebt hat und sich über Jahre teilweise aus Mülltonnen und Hinterhöfen ernährt hat, hat ein anderes Verständnis vom Leben als ich. Ich konnte einiges von ihm lernen und ich glaube, dass ich ihm auch die ein oder andere Sache mit auf den Weg geben konnte. Mein direkte ‚deutsche‘ Art hat ihn zwar immer wieder gefordert, aber auch gefördert. Wer eine direkte Frage stellt, bekommt bei mir eben auch eine direkte Antwort! Egal, aus welcher Kultur er kommt 😉

Der Hauptgrund seiner Reise war es sich um sein Buch zu kümmern. Seit Jahren schreibt er Gedichte und Gedanken auf und hat sich dazu entschlossen, das Ganze in ein Buch zu packen. Dazu muss er aber zunächst auch mal Ordnung in seinem 3m Stapel aus Papier machen, die er mit sich rum schleppt. Nach zwei Wochen im Hostel ist es ihm dann irgendwann zu viel Ablenkung und er braucht seine Ruhe. Durch Cami (siehe oben), kommt er günstig an eine Wohnung ran, die er dann für 6 Wochen mietet.

Nach der Einweihungsparty kommen wir irgendwie darauf, dass ich noch nicht weg will, aber auch keine Lust mehr habe mir die Nächte mit Nachtschichten im Hostel um die Ohren zu schlagen. Also lädt er mich ein, ein paar Tage bei ihm zu pennen. Daraus wird dann ungefähr eine Wochen!

Ein solches Angebot lehne ich natürlich nicht ab. Die Bude hat drei Zimmer einen großen Balkon mit Meerblick und eine Dachterrasse. Also kaufe ich mir eine Luftmatratze und bekomme noch Bettzeug von Paola gestellt und ab geht die Post.

Mitch’s Wohnung

Und so bin ich in den Genuss dieser Aussicht gekommen!

Mitch’s Wohnung

Mitch’s Wohnung

 

Paola:

Paola

Paola

Dieser Frau habe ich ein eigenes Kapitel gewidmet. Das werde ich aber nicht in diesem Blog veröffentlichen 🙂
Meine letzten 10 Tage in La Paz habe ich bei ihr gewohnt. „Mi casa es tu casa“ ist hier nicht nur eine Redewendung. Mein letzter Grund warum ich La Paz so lange treu geblieben bin und bis zur letzten Minute meines Visums ausgereizt habe.

3 thoughts on “52 La Paz Pt. 4 – Von Menschen und Spitznamen”

  1. Ich werde nicht sagen, dass ich diesen Eintrag mag.
    Ich sehe so einen Hauch frischer Luft in einer Erklärung.
    Offenbar Aussage klassische Stil, sondern einfach brillant.

    Vor kurzem sah ich in einer ähnlichen Art und Weise zur Schaffung einiger
    Frühstücksfernsehen ist, dass alles, was es war teuer und
    eine Berühmtheit für, was mehr in diesem Eintrag ich wie ich und mein Portfolio.

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