21 Port Antonio nach Treasure Beach – Umsteigemarathon oder Reisen auf die Local Art

In den ärmeren Ländern, die ich bisher besucht habe, gab es meistens ein Verkehrsmittel für die Einheimischen und ein Verkehrsmittel, das vermehrt von Touristen bzw. Wohlhabenden verwendet wird. So auch hier. Route Taxis oder Route Busse stehen an einer zentralen Stelle im Ort, warten bis genügend Leute zusammen sind und fahren dann maßlos überfüllt, zusammengequetscht wie in einer Sardinendose und in einem Affenzahn durch die Gegend. Macht keinen Spaß, ist eng und heiß. Ich muss das mindestens einmal mitgemacht haben!!!

Also fahre ich morgens um 10:30 Uhr mit Marian den Berg runter (1). Steige dann mit vier Anderen in ein Taxi, dass uns zum Sammelstand für die Route Busse bringt (2). Mit dem Route Bus geht es dann nach Kingston (3). Das ist schon etwas anderes als auf der Hinfahrt. Der Bus an sich ist der gleiche, aber es ist nicht so, das jeder Sitz auch nur von einer Person besetzt ist. Aus 15 Sitzplätzen werden dann mal schnell 24. Da wir zu 6. aus dem Hostel kommen, müssen wir nur einen geringen Aufpreis für das Gepäck zahlen, dass wir auf 2 Sitze verteilen. Das ist schon mal gut.

Der Fahrer heizt wie ein Irrer die äußert kurvige Strecke der Blue Mountains entlang. Irgendwann sagt sogar eine Einheimische, dass sie hier ein 7 Monate altes unschuldiges Baby hat und das der Fahrer jetzt mal bitte langsam fahren soll, sonst steige sie aus. Ich merke danach keinen wirklichen Unterschied in seiner Fahrweise.

In Kingston angekommen, bin ich am Half Way Tree. Ein zentraler Bahnhof, von dem hauptsächlich die Stadtbusse fahren. Soll ich jetzt zuerst zurück in mein erstes Guesthouse gehen, um dort nach dem besten Weg nach Treasure Beach zu fahren oder mich einfach durchboxen? Da es ein einfacher Weg von 15 Minuten ist, entschließe ich mich für die harte Tour.
„Wie komme ich am besten nach Treasure Beach?“ „Bus nach Spanish Town, von dort nach Mandeville,…usw“.

Mh, Spanish Town? Ist das nicht auch ein Ort, den man als Tourist meiden soll, weil es hier so gefährlich ist?! Naja, wir haben 14:30 Uhr, das wird schon gehen.

Noch in der Schlange, die ganz gesittet auf den Bus (4) wartet, tritt ein Frau plötzlich aus der Reihe aus und kommt auf mich zu, fragt mich wo ich hin will und gibt mir ein paar Tipps. Sie ist Jamaikanerin, lebt aber schon sehr lange mit ihrer Familie in den USA. Ich glaube sie macht sich etwas Sorgen um mich.

In Spanish Town angekommen merke und sehe ich, dass es hier etwas anders zugeht. Viele Menschen, viele arme Menschen. Überall Stände, alles eng. Na gut, da muss ich jetzt durch.

Draußen angekommen erst mal den Rucksack aufschnallen und alles zurecht machen, dass ich laufen kann. Da steht auch schon wieder Nadine neben mir. „Der Bus nach Mandeville fährt von einem anderen Terminal. Komm mit. Du läufst mir hier nicht alleine rum.“ Na gut, Mama!

Der 5 Minuten Fußmarsch durch die Stadt mit meinem ganzen Gepäck zieht die Blicke auf mich. Mehr als sonst. Am Terminal angekommen, warten wir noch auf ihren Mann und ihre Kinder. Nadine macht in der Zwischenzeit schon zwei Verfolger aus und reißt mir meinen Rucksack aus der Hand. „Den halte ich, den kannst du hier nicht auf den Boden stellen!“ Klar, wenn hier jemand meinen kleine Rucksack zu greifen kriegt, ist der weg. So schnell komme ich mit dem großen Rucksack nicht hinterher. Und falls ich den Abwerfe, um die Verfolgung aufzunehmen, ist der halt auch weg. Aber ich habe ja Nadine 😀

Irgendwann kommen dann ihr Mann Rupert und die süßen Mädels Claudine und Phoenix und wir steigen in den Bus Richtung Mandeville (5). Ich brauche und darf glaube ich auch gar nichts machen. Nadine übernimmt die ganze Kommunikation und beschützt mich wie ihr eigenes Kind. Total süß!

Und so sitze ich im Bus Richtung Mandeville, auf der Rückbank eines 14 Sitzers. Rechts neben mir befindet sich mein Rucksack. Das Ding nimmt einfach ganz genau einen Platz weg. Kann sich aber nicht klein machen…Also zahle ich auch den doppelten Preis. Auf meinem Schoß mein Rucksack. Irgendwo dazwischen stopfe ich noch die Ukulele, die mir später auch als Windschutz dient.

Links neben mir sitzt Rupert und hat Phoenix auf dem Schoß, dann kommt Nadine mit Claudine.

Ich schwitze, werde von allen Seiten erdrückt, mein Bein und mein Hintern schlafen ein und der Fahrtwind donnert mir ins Gesicht. Zum Glück nur eine Stunde. Hat voll und ganz gereicht.

In Mandeville angekommen geht es nochmal mit der Familie in einem Taxi (6) zu einem anderen „Taxistand/Busbahnhof“. Während der Fahrt schimpft Nadine sich einen ab, wie unzuverlässig hier alle sind und dass es doch kein Wunder ist, wenn die Touristen hier niemandem trauen. Vorausgegangen war die Frage, wie ich von hier aus am besten nach Treasure Beach komme und der Taxifahrer war sich eben nicht ganz sicher, hat aber zwei Möglichkeiten vorgeschlagen.

Mit Androhungen an den Taxifahrer werde ich dann in dessen Obhut übergeben. Nadine will noch, dass ich sie anrufe und ihr Bescheid gebe, wenn ich gut angekommen bin. Kann aber nicht anrufen, insofern bedanke ich mich von ganzem Herzen bei ihr und sage ihr, was für eine netter Mensch sie doch ist. Ich habe schon lange kein so warmes und herzliches Lächeln mehr gesehen. Warum sind nicht mehr Menschen so, wie diese Frau? Wäre die Welt dann nicht ein Stück besser?

Nun sitze ich also wieder alleine in einem Route Taxi (7) nach Junction. Alleine?! Habt ihr das jetzt wirklich geglaubt? Nein, wir sitzen zu 7. in einem normalen Auto und die feine Dame neben mir macht nicht den Hauch einer Bemühung mir etwas mehr Platz zu machen. Der Fahrer haut mir zweimal die Tür gegen die Hüfte, bevor sie zu bleibt.

In Junction angekommen, muss ich etwa 20 Minuten warten, bis das Taxi (8) voll ist. Voll ist relativ und vorher wird nicht gefahren! Eigentlich könnte ich mir hier was zu essen kaufen, aber dazu müsste ich mich zu weit vom Auto entfernen und mein Gepäck ist auch schon verstaut. Der Kofferraum allerdings noch offen. Also bleibe ich am Kofferraum stehen und warte.

Das ist wirklich ein großer Nachteil beim Alleine Reisen. Man kann schwer seine Sachen irgendwo stehen lassen und mal schnell was zu essen kaufen oder auf die Toilette gehen.

Mittlerweile ist es dunkel und ich bin froh, dass mich der Fahrer am Berg des Guesthouses rauswirft. Jetzt noch die steile Treppe mit guten 80 Stufen hoch und dann wäre das für heute erledigt.

6 thoughts on “21 Port Antonio nach Treasure Beach – Umsteigemarathon oder Reisen auf die Local Art”

  1. Nadine ist meine Heldin des Tages! Schön, dass es solche tollen Menschen gibt.

    Aber sag mal: Wie war es denn in Treasure Beach? Hat sich die Anreise gelohnt? Oder war hier der Weg das Ziel?

    1. Treasure Beach war schön, aber einfach. Keine Bilderbuchstrände und nichts für das Fotoalbum, aber man konnte mal mit Jamaikanern reden, ohne danach Geld locker machen zu müssen 😉
      Außerdem war es friedlich. Nachts durch die Straßen laufen war kein Problem 🙂

  2. Klingt nach Spannung, Spiel und Schokolade.
    Bin froh dass Du es noch geschafft hast! Hätt ich ja wissen müssen, dass der Hauptdarsteller überlebt, aber ich schau grad zuviel Game of Thrones 😛

    Eine gute Weiterreise und bis bald an gleicher Stelle!

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